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04.07.2020
Glockenturm von Buchenwald bei mini-a-thür

Schlösser, Burgen, Kirchen … wer all die in Thüringen erkunden will, braucht Jahrzehnte. Einfacher ginge es mit Siebenmeilenstiefeln oder als Riese im Land der Zwerge. Nichts ist unmöglich, jedenfalls in Ruhla, im Thüringer Wald. Dort gibt es den Freizeitpark mini-a-thür mit 125 Miniaturen im Maßstab 1:25, beeindruckend detailgetreu. Ist ja niedlich, möchte man meinen, während man von der Wartburg zur Klosterruine Paulinzella und weiter zu Goethes Gartenhaus wandert.

Neu hinzukommen wird bis zum Ferienbeginn ein Bauwerk, das einen stutzen und stolpern lässt: Der Glockenturm der Gedenkstätte Buchenwald. Hä, was soll der hier? Ein Mahnmal für die Opfer des Faschismus inmitten all der Sehenswürdigkeiten? Das stört doch die Idylle.

Das soll es auch. Wir geben uns weltoffen und halten offiziell die christlichen Ideale der Menschenfreundlichkeit hoch. Aber welche Stammtischparolen machen hinter den Fassaden die Runde, wo wird der christliche Grundsatz, dass alle Menschen gleich sind, durch den Schornstein des heimischen Kamins gejagt?

Der Glockenturm auf dem Weimarer Ettersberg steht für das Leben. Errichtet ist er unweit von drei Massengräbern. Diese Nähe soll uns zu denken geben. Wie schnell passiert es uns, dass wir Menschen verächtlich ansehen. Von da aus ist nicht weit bis zu Hass und Hetze und Gewalt.

In dem Freizeitpark wird der Turm unweit all der Sehenswürdigkeiten stehen – wie ein Stachel: Wir können Schlösser restaurieren und Kirchen, können alles schön anpinseln, aber unsere Geschichte sollten wir nicht übertünchen. Ein Stachel soll auch stechen.

Einen guten Tag wünscht Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.


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