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27.12.2020
Hanna

Es gibt Leute, die das Morgenrot schon sehen, wenn es noch finstere Nacht ist.

Hanna ist 84. Sie hat viel gesehen. Sie hat ihr Leben gelebt und will nicht klagen. Einen guten Mann hatte sie, wenn er auch viel zu früh gestorben ist. Keine Kinder. Sie ist eine, die sich schon immer tiefe Gedanken gemacht hat. Der Hunger nach Leben ist geblieben. Hanna hat da eine tiefe Sehnsucht. Die trägt sie mit sich herum, seit sie ein Kind ist. Seit ihr die Großeltern Geschichten erzählt haben vom Messias, der kommt und uns erlöst. Der wird aufräumen. Der wird die Despoten vom Thron werfen und die Klugen an die Macht bringen. Er wird den Aufgeblasenen die Luft rauslassen – bis sie zusammenschmurzlen auf ihre reale Größe. Endlich. Dann wird das Unrecht beim Namen genannt werden, die Opfer werden gesehen und endlich in Schutz genommen. Er wird die Wunden verbinden, die Hungrigen an den Tisch bitten.

Messias. Dieses seltsame Wort hatte sich ihr eingeprägt und Wurzeln in ihrem Herzen geschlagen im Laufe der Jahre.

Ihr Teil ist es, zu fasten und um diesen Messias zu beten.

Ihre Augen suchen neugierig diesen Erlöser in den Gesichtern aller Gäste. Woran wird sie ihn erkennen?

Und eines Tages kommt ein junges Paar mit einem Baby. Da geht es ihr durchs Herz. Dieses Baby! Da blitzt etwas auf. Etwas ganz anderes. Gott kommt in einem Kind! Gelobt sei Gott!, sagt sie laut.

Und alle wundern sich.

Man wird sie später eine Prophetin nennen. Sie hat Gott erkannt.

Aber sie hat ihn ja auch gesucht.

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche


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