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27.11.2021
Heiland auf Station drei bitte

Ein pieseliger Novembermorgen. Boah, wie ihr das aufs Gemüt schlägt! Sie sitzt auf ihrem Krankenhausbett, lässt die Beine baumeln, damit die wach werden, und will gleich eine Runde gehen. Auf dem Flur – einmal hin, einmal zurück. Das ist viel. Dann wird sie ermattet zurück ins Bett gehen und auf das Frühstück warten. Und die Visite.

Die Diagnose war ein Gongschlag. Sie hat sich gefühlt, als ob der Zug auf einen Prellbock zurast. Ihr hochgetaktetes Leben mit Job, Familie und Ehrenamt ist voll ausgebremst. Patientia heißt Geduld. Hier muss sie erst einmal lernen, mit kleinen Erfolgen zufrieden zu sein. Langsam bewegen, bei Atem bleiben.

Die Schwestern haben nett dekoriert. Das Tannengrün duftet sogar ein bisschen. Echte Kerzen sind leider nicht erlaubt. Die wären aber so nötig. Licht in der Dunkelheit.

„Macht hoch die Tür,“ dudelt es aus einem der anderen Zimmer. Für wen sollen wir denn die Tür öffnen? Gibt es einen, der uns gesund machen kann? Heil? An Seele und Leib? „Es kommt der Herr, der Herrlichkeit“, so geht das Lied weiter. „Ein Heiland aller Welt zugleich“.

Heiland. Was für ein schönes altes Wort. Hier im Krankenhaus klingt das anders als im Kaufhaus. Ja, er möge kommen, dieser Heiland. Hierhin. Auf die Innere, Station drei. Es gäbe da etliche, die ihn brauchen. Der alte Herr nebenan, der röchelt. Vor allem die junge Frau ganz vorne, die nur noch Haut und Knochen ist.

Können sie ihn ausrufen lassen? „Der Heiland auf Station drei bitte! Der Heiland bitte!“

Ja, komm, du großer Unbekannter. Kehre bei uns ein. Lass es Advent werden und hell.

Ulrike Greim, Weimar.


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