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20.05.2022
Ho’oponopono

Er geht in Pension, der Professor. Das Büro ist zu räumen, das Arbeitsleben aufzuräumen. Was soll er aufheben, was kann weg? So arbeitet er sich von Ordner zu Ordner durch. Dabei kommt ihm ein Blatt zwischen die Finger: Eng beschrieben, und was da steht, ist boshaft und unverschämt. Der Brief eines Studenten. Der hatte sich über die Abschlussnote beschwert. Nur die Eins bringe ihn dorthin, wo er sich sieht. Aber so einfach ist das nicht, die Noten richten sich nun mal nicht nach dem Berufswunsch, sondern eher umgekehrt. Es geht hin und her, dann schreibt der Student diesen Brief.

Der Professor unterbricht das Aufräumen, sucht im Internet und findet den Namen des ehemaligen Studenten. Und seine jetzige Position. Nicht das, was er sich seinerzeit erträumt hat, aber dennoch ganz passabel. Der Professor schreibt ihm eine E-Mail. Er freue sich, dass er doch nicht nur irgendwo untergekommen, sondern sogar gut angekommen ist. Ihm habe die Sache auf der Seele gelegen. Kaum abgeschickt, hat er schon eine Antwort. Der ehemalige Student sei sehr froh über die E-Mail. Ihm sei es nicht anders gegangen, er habe überreagiert und schäme sich noch heute dafür.

Das Wort „aussöhnen“ kommt ursprünglich von sühnen, etwas wieder gut machen, in Ordnung bringen. Der Professor ist seinem Instinkt gefolgt, vielleicht auch seiner Neugier, und hat das Blatt, das an seinen Fingern klebte, nicht noch einmal beiseite gelegt. Und so ist es gut, alles ist jetzt gut.

Einen versöhnlichen Tag wünscht Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.

 


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