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11.11.2023
Kleine Ethik der Büttenrede

Der mutigste Büttenredner im Dritten Reich war der Kölner Karl Küpper.
„Es stand ein Baum am Waldesrand und war organisiert
Er war im NS-Baumverband, damit ihm nichts passiert.“
Damit hat Küpper ins Schwarze getroffen. Oder ins Braune, wie man es nimmt. Die zahlreichen Parteiorganisationen, denen man auf einmal angehören sollte. Und er benennt öffentlich die Angst und die Anpassung. Seine Zuhörer konnten sich selbst drin erkennen. Dass sie ja selbst aus Angst Kompromisse machen. So wie der Baum im NS-Baumverband.
Für Karl Küpper blieb das nicht folgenlos. Nach einem schmerzhaften Besuch der Gestapo hielt er die Büttenrede noch einmal anders:
"Es stand kein Baum am Wegesrand, er war nicht organisiert.
Er war nicht im NS-Baumverband, damit mir nicht noch was passiert."
Und dann folgt einer dieser heiligen Momente, wo allen das Lachen im Halse stecken bleibt.
Wer sich heute fragt: 11.11., kann man dies Jahr wirklich Fasching feiern? Worüber dürfen wir lachen, der sei an Karl Küpper erinnert. Erlaubt ist, wofür es Mut braucht und was die Selbsterkenntnis fördert.
In so einer Haltung zeigt sich der christliche Ursprung des Karneval: Vor Gott sind alle weltlichen Herrscher mit ihrem Prunk nichts weiter als Witzfiguren, so sehr wir hier unten sie fürchten mögen. Die Könige lehnen sich auf, heißt es in der Bibel, aber der Himmel lacht über sie.
Gregor Heidbrink, evangelisch aus Apolda


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