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24.11.2021
Liebe im Radio

„So ein Unsinn.“ Sie sitzt in der Küche der Betriebskantine und motzt wieder.

Im Hintergrund dudelt das Radio.

Michelle singt: „Wer Liebe lebt, wird unsterblich sein.

Wer Liebe lebt, ist niemals allein.“

„Was für ein Unsinn,“ sagt sie noch einmal, etwas lauter zu der anderen, die ihr gegenübersitzt. Sie schälen Kartoffeln und putzen Gemüse.

„Ich bin alleene, du bist alleene. Und alle sterben um uns herum, Gerd letzte Woche. Also nüscht von wegen unsterblich.“

„Genau. Stell dir vor, dein Manni wäre unsterblich gewesen“, sagt die andere. Beide lachen laut. „Ach du liebe Güte, nee! Bloß nicht!“

Wer Liebe lebt.

Seit ihr Mann vor drei Jahren gestorben war, ist es ruhig bei ihr zuhause. Nicht, dass er ihr dolle fehlt, aber einsam ist es schon. Sie ist froh über den Job hier in der Küche.

„Dann liebste einfach uns“, sagt die andere. Und beide lachen. Und wissen doch: Da ist was dran. Das Team hier ist jetzt nicht hitverdächtig, aber immerhin: Sie helfen sich. Als eine ausgezogen war beim blöden Ex, als die andere die Wohnung der Eltern auflösen musste – da steht man füreinander ein. Liebe geht ja auch so.

„Und zum Glück gibt’s auch Katzen,“ sagt sie, und beide nicken. „Und deine Blumen liebste auch.“ „So ist das wohl“, sagt sie.

Ja, Liebe kennt viele Spielarten, nicht nur die von Mann und Frau.

„Und manchmal kommt sie ganz dick,“ sagt sie, wischt sich die Hände an der Schütze ab, zieht ihr Portemonnaie aus der Tasche und zeigt zum hundertsten Mal das Bild von ihrer Enkelin. „Gell?“ „Aber hundert pro!“

Also los. Lieben belebt.

Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche


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