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10.04.2020
Niemals Spucken - und sie spien ihm ins Angesicht

Es ist diese einzige Ohrfeige an die ich mich erinnere, die ich je von meiner Mutter bekommen habe. Und heute noch ist meine Scham größer, als der Schmerz der Züchtigung.

Ich hatte mich geärgert und war richtig wütend und war so was von sauer auf meinen Freund, und dann spuckte ich ihm ins Gesicht um meine Verachtung für ihn zu zeigen. So dass hast du davon!

Und plötzlich war da meine Mutter, die das aus der Nähe mitbekommen hatte. Sie schlug mir ins Gesicht und sprach klar und streng: „Gespuckt wird nicht!“ So kannte ich meine Mutter nicht. Die immer freundliche und gutmütige Mutter war plötzliche streng und hart wie eine Rächerin. Und ich erschrak und schämte mich. Denn meine Mutter ist eine fromme Frau und die Vorstellung, dass ihr Sohn einem anderen ins Gesicht spuckt, so wie Jesus bespuckt und gedemütigt wurde, das war für sie unerträglich. Immer wieder erinnere ich mich daran in der Passionszeit, wenn ich den Satz höre: „und sie spien ihm ins Angesicht“: Niemals spucken!

Bei der Auflösung einer Coronaparty wurde einem Polizisten ins Gesicht gespuckt mit dem Spruch: „Ich habe Corona!“ Wer anderen ins Gesicht spuckt, der spuckt Christus ins Gesicht. Das hat sich fest in mein Gewissen und Herz eingebrannt. Und das ist gut so, denn niemals dürfen wir die Würde des Anderen schmähen und entstellen, auch nicht die Würde des Feindes. Das ist immer der Beginn einer Kreuzigung.

Einen nachdenklichen Karfreitag wünscht Ihnen Landesbischof Friedrich Kramer von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.


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