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15.03.2020
Opa Horst

Der Frühling ist da, und die Glocken läuten. Ein stiller Sonntag bricht an für Opa Horst. Eigentlich wollte er heute Nachmittag Geburtstag feiern. Aber das lässt er jetzt lieber. Er ist Risikogruppe, hat man ihm gesagt. Horst hat das Fenster aufgemacht und hört den Glocken zu.
Die Kinder sagen, Opa Horst in Finsterbergen, der ist ganz alleine, der wird doch traurig sein, wenn wir nicht kommen. Dann spricht er wieder mit seinen Pflanzen.
Die Dorfchronik sagt, früher haben die Glocken auch geläutet, wenn Gefahr drohte. 16-Knippich, als die Schweden kamen. Oder wenn es brannte, dann riefen die Glocken alle zusammen.
Heute rufen sie bloß noch zum Gebet. Aber was heiß bloß?
Es ist ein wenig wie die Ruhe vor dem Sturm. Ungewissheit kann lähmend sein.
In Finsterbergen läuten sie noch, wenn einer stirbt. Eine einzelne Glocke, am Werktag um acht.
Vorsicht mit Sozialkontakten, sagt die Kanzlerin. Alles einstellen, was nicht notwendig ist.
Bloß, was das genau betrifft, wer entscheidet das? Ist es ok, wenn Opa alleine feiern muss? Oder: In die Kirche gehen, wenn die Glocken rufen, sich treffen, um zu beten. Ist das notwendig? Kann Gebet Not wenden?
Horst wird selbstverständlich nicht hingehen. Aber das Vaterunser, das kann er noch von früher. Und zum Klang der Glocken fällt es ihm wieder ein. Wir werden es daheim sprechen, wenn unsere Glocken läuten, und wir fühlen ihm uns dabei seltsam nahe. So geht es Pfarrer Gregor Heidbrink aus Apolda


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