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27.11.2019
Stolpersteine in Themar

Themar. Mancher, der von diesem Ort im Süden Thüringens hört, denkt zuerst an die Nazikonzerte, die es schon drei Jahre in Folge im Sommer gab. Mit denen, die in Themar zu Hause sind, hat das nicht viel zu tun. Nazis aus ganz Deutschland nutzen die Gegend als Aufmarschgebiet. Einmal waren es doppelt so viele Nazis wie die Stadt Einwohner hat. Gerade hier werden heute 13 Stolpersteine verlegt. Messingwürfel, in die Namen von jüdischen Mitbürgern eingraviert sind, die vertrieben und ermordet wurden.

Schülerinnen und Schüler werden heute dazu diese Verse lesen:

Es war ihnen befohlen,

den Stern zu tragen über die Stelle,

wo das Herz schlägt.

Es war ihnen verboten:

auf einem Fahrrad zu fahren,

sich im Park auf eine Bank zu setzen …

Zu vorgegebener Stunde

mussten sie in ihren Wohnungen sein.

Da saßen sie in ihren Zimmern und warteten,

denn jeden Augenblick konnte einer an die Tür pochen

und mit dem Tod ins Zimmer poltern.

Dieses Poltern ist noch nicht vorbei, so lange Neonazis ihren Hass zu Markte tragen. Dem widersetzen sich die Themaer. Sie sind erst vor zehn Jahren über die Geschichte der jüdischen Gemeinde gestolpert. Ein Mann hatte im Nachlass seines Vaters in San Francisco einen Karton mit Briefen gefunden. Ein Briefwechsel mit alten Schulkameraden aus Themar. Manfred Rosengarten war hier aufgewachsen und ist mit den Eltern geflohen. Eine Historikerin aus Kanada hat die Briefe übersetzt und kam nach Themar. Seitdem wird in Themar die jüdische Geschichte erforscht, treffen sich hier jüdische Familien, deren Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel einst hier gelebt haben, geflohen sind oder ermordet wurden.

Ein Themar weht heute ein Geist, der zum Stolpern, nicht zum Poltern einlädt, es ist einer, der nicht klein zu kriegen ist, es ist ein heiliger Geist,

findet Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.


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