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10.10.2020
Tomatenbeerdigung

Sie waren einfach nicht mehr mit anzusehen, unsere drei welken Tomatenpflanzen. Gestern Abend habe ich sie beerdigt im Komposthaufen hinterm Haus. Ich weiß noch, als wir sie geholt hatten, da waren sie noch ganz klein und niedlich. Es war Frühling, es war Corona, und wir dachten, wir hätten die Zeit dazu. Wir sahen sie blühen, wir sahen sie in die Höhe schießen. Früchte aber brachten sie uns nicht. Zu viel erwartet! Der schönste Lockdown nützt halt nix, wenn man keinen grünen Daumen hat.
Ich schaue nach draußen auf den leeren Balkon und frage mich: Wie geht es wohl den anderen Menschen, die auch nicht ernten konnten? Die meisten haben mehr beerdigt, als nur die Hoffnung auf ein paar Tomaten, schätze ich. Sondern: Sicherheiten, Pläne und ihre Träume.
Deren Enttäuschungen tun richtig weh.
Dieses Jahr hatte seine Gewinner, es hatte aber viele Verlierer. Ganz unerwartet haben die einen bekommen und die anderen verloren. So ungerecht. Man könnte durchdrehen. Manche tun es auch, sie werden kritisch, ihre Gesichter werden hart. Die Herzen misstrauisch. Bloß, was hilft’s? Ich hoffe, dass sie den Mut finden, wieder anzufangen. Auch wenn es sich nicht gerecht anfühlt, wie das Leben einen durchschüttelt – ich hoffe, dass sie auch etwas entdecken, wofür sie dankbar sein können.

Herr, sei bei denen, die nur seufzen können, aber sei auch bei denen, die sauer sind, bittet
Pfarrer Gregor Heidbrink, evangelisch aus Apolda.


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