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07.07.2019
Zeit zum Hören

„Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“ (Jakobusbrief 1,19) Der Satz klingt wie ein Kalenderspruch. Ein kluges Wort, schnell gelesen und genauso schnell wieder vergessen. Könnte auch eine Mahnung sein für große amerikanische Politiker oder die wutschnaubenden anonymen Kommentatoren im Internet.

Beides falsch. Es ist nämlich ein Satz aus der Bibel. Und vermutlich wäre er schnell an mir vorüber gerauscht, wenn ich nicht Eva kennen würde. Eva lebt im Altersheim. Sie ist selten mittendrin zu finden, sondern sitzt eher dabei.  Manchmal necken sie die Anderen: „Eva, sag doch auch mal was!“ Dann winkt sie ab: „Es wird viel zu viel geredet.“ Eva hört lieber zu. Sie hört eine Menge. Klatsch und Tratsch, aber auch Kummer und Klage. Die Anderen wissen: Bei der Eva ist das gut aufgehoben. Wenn sie doch etwas sagt, dann hat das Hand und Fuß. Weil Eva nachdenkt, bevor sie redet. Und in Rage bringt sie auch so schnell nichts. „Schade um die Zeit,“ sagt sie schlicht.

„Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“ Ich sehe Eva vor mir und denke: „Wenn es doch viel mehr solcher Evas gäbe. Die zuhören, sich ihre Worte gut überlegen und dem Zorn nur so viel Zeit einräumen, wie es nötig ist.“

Eine Eva für jeden Hitzkopf, das wäre eine Maßnahme.

 

Einen gesegneten Sonntag wünscht aus Eisenach Pfarrerin Cornelia Biesecke


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