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Predigt im Ökumenischen Gottesdienst zum Landeserntedankfest - Unterkirche Bad Frankenhausen - 05.10.25 - Landesbischof Friedrich Kramer

Liebe Schwestern und Brüder, da sind wir hier zusammen zum Erntedankfest. Und wir sehen die vielen Früchte und herrlichen Erntekronen und wissen, da wurde eine gute Ernte eingeholt. Alle, die zu Hause einen Apfelbaum oder Obstbaum haben, wissen, dieses Jahr ist nicht der Frost hineingefahren, sondern viele schöne Früchte sind da gewachsen.

Predigt im Ökumenischen Gottesdienst zum Landeserntedankfest - Unterkirche Bad Frankenhausen - 05.10.25 - Landesbischof Friedrich Kramer

Es gilt das gesprochene Wort.
 
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Christus Jesus. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, da sind wir hier zusammen zum Erntedankfest. Und wir sehen die vielen Früchte und herrlichen Erntekronen und wissen, da wurde eine gute Ernte eingeholt. Alle, die zu Hause einen Apfelbaum oder Obstbaum haben, wissen, dieses Jahr ist nicht der Frost hineingefahren, sondern viele schöne Früchte sind da gewachsen.

Und es gehört zur alten Weisheit, dass wir zwar sehen und beschneiden und helfen können, aber dass letztlich das Wachsen und Gedeihen nicht in unserer Hand liegt. Wir sind ein Stück ausgeliefert. Wir brauchen Gottes Gnade.

Zum Glück ist heute die Landwirtschaft so weit, dass sie in vielerlei Weise uns alle gut ernähren kann und niemand Sorge haben muss, dass er morgen kein Brot bekommt. In unserem Land, im weltweiten Maßstab sieht das schon anders aus.

Wir wissen, bei uns muss niemand hungern. Es gibt Orte, wo man sich, wenn man wenig Geld hat, an der Tafel Essen holen kann. Es ist dafür gesorgt, dass niemand verhungern muss, jedenfalls nicht an Leib und Seele. Aber Hungrige gibt es an vielen Orten der Welt. Und so hört heute den Predigttext des Erntedankfestes aus dem Buch des Propheten Jesaja im 58. Kapitel:

Brich dem Hungrigen dein Brot und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus. Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut.
Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte. Und deine Heilung wird schnell voranschreiten und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen und der Herr wird dir antworten.
Wenn du schreist, wird er sagen, siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest. Sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst.
Dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. Und der Herr wird dich immer da führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt.
Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange Wüste gelegen hat. Und du wirst wieder aufrichten, was vor Zeiten gegründet war. Und du sollst heißen, der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne.
(Jes 58,7-12)

Gott schenke uns ein Wort für unser Herz und ein Herz für sein Wort. Amen. 

Liebe Geschwister, wir feiern die Ernte. Und werden uns heute hier auch im Ort die verschiedenen Stände anschauen. Werden entscheiden, oder ist es schon entschieden, welches die schönste Erntekrone ist. Das ist ja auch immer ein Thema, was hier mitläuft.

Wir freuen uns, wie großartig und vielfältig die Ernte gewesen ist. Das ist schön. Und wir danken allen, die daran mitgewirkt haben.

Und wir danken allen, die ihre Arbeitskraft und ihre Energie eingesetzt haben. Dass niemand in diesem Lande hungern muss, dass viele Gaben da sind. Ja, dass reichlich zu essen und reichlich von dem da ist, was wir brauchen.

Damals, als unser Predigttext geschrieben wurde, sah es anders aus. Ein Land war zerstört. Israel war damals zerstört.
Und wenn wir heute nach Israel sehen, sehen wir dort Gebiete im Gazastreifen zerstört. Überall Zerstörung. 
Damals wurde das Volk weggeführt in das sogenannte Exil.
In Babylon mussten sie tagaus tagein Sklavendienste tun. Und wenn Sie mal in Berlin waren und sich das schöne Ischtar-Tor angeschaut haben, dann können Sie sicher sein, dass in diesem Stile die Israeliten und viele andere Völker in Babylon Sklavenarbeit tun mussten, Lehmziegel streichen und sie lackieren und glasieren, damit zur Herrlichkeit der Babylonier eine wundervoll große Stadt entsteht. Dort waren sie gefangen und es gab wenig zu essen.

Hunger war das tägliche Los. Hunger, ich weiß nicht, ob Sie ihn noch kennen. Die Älteren von Ihnen, die sich erinnern an das Ende des Zweiten Weltkrieges, wissen, was es heißt zu hungern.

Und was es bedeutet, nochmal die Felder abzuschreiten und nach jeder Kartoffel zu suchen, die da vielleicht noch ist, weil da einfach nichts ist, was den Hunger stillt. Auch wenn wir an vor 500 Jahre denken, als die Bauern auf dem Schlachtfeld niedergemetzelt wurden, weil sie ganz faire Forderungen stellten. Sie wollten selber etwas von der Ernte haben und nicht nur abgeben.

Sie wollten den Zehnten beim Zehnten lassen, aber nicht mehr geben. Sie haben gute Forderungen gestellt. Die erste Forderung, übrigens damals der Zwölf Artikel und hier später dann der Vierzehn Artikel in Mühlhausen und Frankenhausen, die erste Forderung war die freie Pfarrerwahl.

Eine evangelische Forderung, wir haben sie umgesetzt. Jedenfalls hier in den evangelischen Gemeinden darf man seine Pfarrerinnen, und ich freue mich, dass das jetzt auch Frauen sind, oder Pfarrer, frei wählen. Behüten Sie sie gut, wenn Sie sie gewählt haben, denn so leicht ist es mit dem Wählen nicht mehr.

Es kommen immer weniger Pfarrerinnen und Pfarrer nach, aber die freie Pfarrerwahl haben wir umgesetzt. Andere Forderungen der Bauern sind damals nicht umgesetzt worden und bis heute nicht leicht umzusetzen. Weniger Steuerlast, das hört man gerne als Bauer.

Und wir wissen, da wo Erleichterungen wegfallen sollten, gab es einen großen Aufstand der Bauern. Und wir erinnern uns noch an die schönen großen LKWs und Traktoren, die durch unsere Städte gefahren sind. Ich war schwer beeindruckt in Magdeburg, als ich aus meinem Fenster schaute und diese großen Fahrgeräte sah, die die Straßen sperrten.

Bauern sind bereit, für ihre Rechte einzutreten, und das ist gut so. Damals auf dem Schlachtfeld wurden sie niedergemetzelt. Wie war damals die Ernte? Waren überhaupt genügend da, um sie einzubringen? Oder spielte das alles keine Rolle mehr, weil der Schmerz über die Verlorenen so groß war? Hunger, wenn zu wenig da ist.

Und so heißt es bei Jesaja: Gib dem Hungrigen zu essen, brich dem Hungrigen dein Brot. Nimm den Obdachlosen auf, lass ihn in dein Haus. Und den, der nackt ist, den nimm auf und kleide ihn.

Eine ganz einfache und klare Forderung. Wir haben vorhin das Evangelium gehört, dort wird diese Forderung aufgenommen. Jesus sieht eine Menge, die ihm gefolgt ist. Viele sind da und sie sind hungrig, 4000 heißt es. Und sie schauen, was haben wir an Essen da. Und sie stellen fest, nur sieben Brote. Wirklich nicht viel, um satt zu werden.
Aber Jesus sagt: Setzt euch in kleinen Gruppen und teilt das Brot. Und dann geschieht das Wunder, es bleiben zwölf Körbe übrig. Und nichts anderes erzählt unser Predigttext.

Wenn du barmherzig bist, wenn du den Hungrigen sättigst und den Obdachlosen aufnimmst und den Nackten kleidest, dann wird die Barmherzigkeit zu dir zurückkommen. Du wirst Barmherzigkeit erleben. Und dort, wo du dazu nicht bereit bist, wo du nur an dich denkst, dort wirst du selber an deiner Seele Hunger leiden.
Du wirst innerlich ohne Heimat sein und wirst geistlich und moralisch nackt sein. Also den Hungernden nicht aus dem Blick verlieren, die, die hungern, im Blick behalten. Die Weltgemeinschaft hat sich Ziele gegeben, die genau dieses Ziel des Jesaja auch aufnehmen.

Die sogenannten SDGs, ich weiß nicht, ob Sie den Begriff kennen, die Sustainable Development Goals, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Ich finde immer schön, dass SDG das ist, was Bach unter seine Musikstücke geschrieben hat, Soli Deo Gloria: Allein zur Ehre Gottes. Und ich glaube, dass diese Ziele auch viel mit der Ehre Gottes zu tun haben.

Ziel Nummer Eins: Armut beenden. Ziel Nummer Zwei: den Hunger abschaffen. Und wir sind gut gestartet am Anfang des neuen Jahrtausends.
Man kann das sehen, der Hunger nahm ab, die Armut nahm ab. Doch dann kam Corona, der Ukraine-Krieg und vieles ist aus dem Lot geraten. Das halbwegs realistische Ziel, bis 2030 den Hunger abzuschaffen, scheint heute nicht mehr möglich.

Wir sind bereit, innerhalb kürzester Zeit unsere Ausgaben für Waffen zu verdoppeln, zu verdreifachen. Aber genauso viel Geld in die Hand zu nehmen, um den Hunger zu beenden, da fehlt es zurzeit an Bereitschaft. Die USA haben die gesamte Soziale Hilfe USAID eingestellt, und an vielen Stellen der Welt hat das fürchterliche Auswirkungen, weil Menschen auf Hilfe angewiesen sind.

673 Millionen Menschen hungern auf der Welt, eine unvorstellbare Zahl. Und in 42 Ländern ist die Lage ernst bis sehr ernst, was Hunger und die Hungerkatastrophe anbelangt. Da gibt es viel zu tun, und wir dürfen unser Herz nicht verschließen und hart machen, nicht den Populisten folgen, die dann nur sagen, wir zuerst, wir zuerst, ich, ich, ich, sondern wir müssen unser Herz weich machen lassen, es aufnehmen und erkennen, dass da die sind, die hungern und dass wir, die wir Brot haben, abgeben können.

So wie Jesus die 4000 gesättigt hat mit sieben Broten. Schon wenn du anfängst zu teilen, wird der Hunger bekämpft. Schon wenn du abgibst, geschieht Gerechtigkeit.
Jesus nimmt das Jesaja-Wort auf und sagt, dass es im Jüngsten Gericht nicht darum geht, was du geglaubt hast und zu welcher Gruppe du gehört hast, ob du Christ warst oder nicht, ob du einer Partei angehört hast oder nicht, sondern am Ende entscheidet sich an deinem Handeln, wie du vor Gott stehen wirst. Hast du den Hungrigen gesättigt, der Durstigen zu trinken gegeben? Hast du den Fremden aufgenommen? Hast du den Nackten, die Nackte gekleidet, die Kranken besucht und die Gefangenen besucht? Sechs einfache Fragen. Und jeder von uns kann all dies tun.

Wir können es tun, wir können helfen, wir können unser Herz öffnen und freimütig geben. Und bei Jesaja wird nicht gedroht, wie wir es oft auch finden in der Bibel, dass gedroht wird, wenn man nicht die Gebote einhält, sondern hier wird geworben. Ja, es wird beschrieben, wie schön du wirst, wenn du das tust.
Da heißt es: Dein Licht wird hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell vorangehen und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen. Ja, durch dich wird wieder aufgebaut, was lange Wüst gelegen hat. Du wirst aufrichten und du wirst der heißen, der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert.
Das kannst du tun. Licht der Morgenröte werden. Licht für andere, wenn du abgibst und dem Hungrigen das Brot brichst.
Wenn du den Einsamen besuchst, wenn du denen, die im Elend sind, dein Herz öffnest. Wenn du dich auf den Weg machst, nach denen zu sehen, die einsam in Krankheit und Gefangenschaft sind. Das ist möglich, einem jeden von uns.

Und oft haben wir angesichts der Weltlage das Gefühl von Ohnmacht. Was sollen wir tun? Aber diese Schritte kann jeder von uns gehen. Kannst du gehen, kannst ich gehen: abgeben von dem, was ich habe in Fülle und denen helfen, die in Hunger, in Durst, die fremd sind. Denen freundlich begegnen, die nackt sind, die krank und gefangen sind.

Und dann steht hier bei Jesaja etwas, was uns heute aufhorchen lässt. Dort steht: Dann wirst du rufen und der Herr wird dir antworten. Und wenn du schreist, sagt Gott: Hier bin ich.
Dann kommt die Einschränkung: Wenn du in deiner Mitte niemanden unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest. Das könnten wir uns doch vornehmen für das nächste Jahr. Alle üble Rede sein lassen.
Schöne Aufgabe, nicht ganz einfach: nicht auf andere mit Fingern zu zeigen und niemanden zu unterjochen und unterjochen zu wollen. Drei Haltungsfragen, die zu den Hilfefragen hinzukommen.
Nicht andere unterjochen, nicht mit dem Finger zeigen, nicht übel reden. Schenke uns Gott sein Geist und seine Kraft, dass wir das tun. Dass wir einander auf Augenhöhe und freundlich begegnen, dass wir nicht einander unterjochen, wie es damals 1525 durch die Herrschenden passiert ist mit den Bauern, sondern dass wir den Bauern mit Ehrerbietung begegnen.

Dass wir ihre Arbeit wertschätzen, dass wir nicht mit Fingern auf sie zeigen, sondern gut über sie reden. Denn viele in diesem Land haben ja falsche Vorstellungen von dem, was die Landwirte tun. Und Landwirte und ihre Familien klagen häufig über mangelnde Wertschätzung, Anfeindungen und unsachliche Kritik.

Also, hier gibt es viel zu tun. Da können wir mittun, dass die Gesellschaft größer wird, die freundlich redet, die nicht mit Fingern auf andere zeigt, sondern die sie lobt. So wie wir heute Dank sagen unseren Landwirten und Landwirtinnen, Dank sagen dafür, dass sie ihre Arbeit getan haben.
Bemühen wir uns, die Schritte, die wir tun können, zu tun. Bemühen wir uns, Gott zu folgen und uns locken zu lassen. Dazu, dass wir Ausbesserer der Straßen und kaputten Stellen werden, dass wir Licht werden wie die Morgenröte, dass andere in diesem Licht sich wärmen können und spüren, ja, es lohnt sich abzugeben.

Es lohnt sich, das Herz weit zu machen. Es lohnt sich, barmherzig zu sein. So wie Jesus Christus gesagt hat, selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

Das schenke uns Gott. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne, in Christus Jesus. Amen.