PM 170 | 11.12.2008
Bundesverwaltungsgericht urteilt gegen kommunale Kirchbaulasten

Oberkirchenrätin Kallenbach: „Erhaltung der Kirchen in Frage gestellt“

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am heutigen Donnerstagnachmittag (11.12.) ein für die Kirchenbauten in Thüringen entscheidendes Urteil gefällt: Nach Auffassung des Gerichtes sind vertraglich begründete Kirchenbaulasten in den neuen Bundesländern mit der deutschen Einheit „untergegangen“. Damit ist die Revision der Thüringer Landeskirche zurückgewiesen und die Auffassung der Vorinstanz bestätigt. Die Landeskirche hatte gegen die Weigerung der Stadt Hildburghausen, vertraglich begründete Kirchenbaulasten als verpflichtend anzuerkennen, vor dem Verwaltungsgericht geklagt, war aber in zwei Instanzen unterlegen. Daraufhin hatte sie Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. „Mit dem Urteil ist die Erhaltung vieler denkmalgeschützter Kirchen in Thüringen in Frage gestellt“, so Oberkirchenrätin Ruth Kallenbach, Rechtsdezernentin der Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) in einer ersten Stellungnahme.

Die Verantwortung für die Erhaltung der Kirchengebäude allein den Kirchen zu überlassen, werde diese überfordern. Die gewachsene Denkmal- und Kulturlandschaft in Thüringen sei damit gefährdet. Auch werde die verlässliche Zusammenarbeit der kommunalen und kirchlichen Partner belastet.

„Der DDR-Staat hat trotz seiner kirchenfeindlichen Politik die kommunalen Baulasten rechtlich nie in Frage gestellt und im Prinzip auch erfüllt. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass die Baulasten ausgerechnet infolge des Übergangs in den Geltungsbereich des Grundgesetzes untergegangen sein sollen“, so Kallenbach.

Das Bundesverwaltungsgericht habe in der Verhandlung deutlich gemacht, dass erhebliche verfassungsrechtliche Probleme bestehen. Diese seien aus Sicht der Landeskirche nicht zufriedenstellend beantwortet. „Das Urteil wird von uns gründlich analysiert. Wir werden insbesondere prüfen, ob wir das Bundesverfassungsgericht anrufen.“

Es läge im Interesse des Gemeinwohls, dass der Freistaat Thüringen, der Gemeinde- und Städtebund und die Evangelischen Kirchen sowie die Katholischen Bistümer in Thüringen aufeinander zugehen, um nach Wegen zu suchen, die kirchlichen Gebäude baulich zu erhalten. Kallenbach betont: „Wir werden weiter das Gespräch suchen, um zu einer tragfähigen Lösung zu kommen.“

Stichwort: Kommunale Kirchenbaulasten
Im Zuge der Entstehung politischer Gemeinden seit Mitte des 19. Jahrhunderts sind diese von kirchlichen Gemeinden getrennt worden. Damit wurde auch das Vermögen der Gemeinden, oft Ländereien, aufgeteilt. Dabei verloren die Kirchengemeinden in weitem Umfang Vermögen an die politischen Gemeinden. In vielen Fällen waren die Kirchengemeinden nicht mehr oder kaum noch in der Lage, die Kirchen und Pfarrgebäude zu erhalten. Zum Ausgleich dafür übernahmen die politischen Gemeinden bauliche Unterhaltungspflichten. – die kommunalen Kirchenbaulasten.

Kommunale Kirchenbaulasten bestehen nicht nur in den neuen Bundesländern, sondern auch in den alten Bundesländern. Sie waren in einigen Fällen auch schon Gegenstand höchstrichterlicher Rechtssprechung und sind dort in ihrem Bestand auch im Lichte des Grundgesetzes anerkannt.

RÜCKFRAGEN

Ruth Kallenbach, 0172-7944241

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