PM 15 | 20.02.2009
Urteil zu Kirchbaulasten: Keine Verfassungsbeschwerde

Kirchen suchen Gespräch mit Bundesregierung

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) wird keine Verfassungs­beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Kirchbaulasten einreichen. Statt­dessen wollen die von dem Urteil betroffenen Landeskirchen und Bistümer Verhandlungen mit der Bundesregierung aufnehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 11. Dezember 2008 entschieden, dass vertraglich begründete kommunale Kirchbaulasten in den neuen Bundesländern mit der deutschen Einheit „untergegangen“ seien. „Wir sehen keine Möglichkeit, das Urteil mit einer Verfassungs­beschwerde anzufechten“, stellt Oberkirchenrätin Ruth Kallen­bach, Rechtsdezernentin der EKM, fest. „Allerdings schließt die Begründung des Urteils nicht aus, kommunale Baulasten als Verbindlichkeiten des Bundesfinanzvermögens zu betrachten.“ Nach dem Gerichtsurteil seien die Kirchbaulasten nicht auf die im Mai 1990 neu errichteten Kommu­nen übergegangen, sondern zunächst bei der DDR als Staat geblieben. Damit sei aus Sicht der EKM der Bund für die kommunalen Baulasten verantwortlich.

Auf Initiative der EKM wird sich im März eine Verhandlungsgruppe aus den vom Urteil betroffenen Kirchen konstituieren und Kontakt zur Bundesregierung aufnehmen. Der Verhand­lungsgruppe werden auch ein Vertreter der EKD und Vertreter der Evangeli­schen und Katho­lischen Büros in Berlin angehören.

Die damalige Thüringer Landeskirche hatte gegen die Weigerung der Stadt Hildburghausen, vertraglich begrün­dete Kirchenbaulasten als verpflich­tend anzuerkennen, vor dem Verwal­tungsgericht geklagt, war aber in zwei Instanzen und auch bei der Revision vor dem Bundes­verwal­tungsgericht unter­legen. Von dem Urteil sind besonders Regionen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern betroffen. Für die Thüringer Kirchen schätzt Rechtsdezernentin Kallenbach den Verlust an Baumitteln auf jährlich durchschnittlich sechs Millionen Euro. „Die Denkmal- und Kultur­landschaft in Thüringen ist damit gefährdet.“

Stichwort: Kommunale Kirchenbaulasten
Im Zuge der Entstehung politischer Gemeinden seit Mitte des 19. Jahrhunderts sind diese von kirchlichen Gemeinden getrennt worden. Damit wurde auch das Vermögen der Gemeinden, oft Ländereien, aufgeteilt. Dabei verloren die Kirchengemeinden in weitem Umfang Vermö­gen an die politischen Gemeinden. In vielen Fällen waren die Kirchengemeinden nicht mehr oder kaum noch in der Lage, die Kirchen und Pfarrgebäude zu erhalten. Zum Ausgleich dafür übernahmen die politischen Gemeinden bauliche Unterhaltungspflichten – die kommunalen Kirchenbaulasten.

Kommunale Kirchenbaulasten gibt es nicht nur in den neuen Bundesländern, son­dern auch in den alten Bundesländern. Sie waren in einigen Fällen auch schon Gegenstand höchstrichter­licher Rechtssprechung und sind dort in ihrem Bestand auch im Lichte des Grundgesetzes anerkannt.

RÜCKFRAGEN

Ralf-Uwe Beck, 0172-7962982

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