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Einfriedung antisemitischer Schmähplastik in Calbe

Gemeinde präsentiert Entwurf für neues Kunstwerk an St.-Stephani-Kirche

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Evangelische Kirchengemeinde Calbe, 039291 49908 oder gemeindebuero.calbe@kk-egeln.de

An der judenfeindlichen Figur an der Fassade der St.-Stephani-Kirche in Calbe (Saale) soll ein Kunstwerk installiert werden. Die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, Liane Hilfert, und Pfarrer Thomas Behr, zuständig für den Pfarrbereich Calbe/Brumby im Kirchenkreis Egeln, sind froh, dass damit endlich eine weitere Etappe in der kritischen Kommentierung dieses schwierigen Erbes in Angriff genommen werden kann. „Wir freuen uns über den Förderbescheid der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Kulturförderung des Landes Sachsen-Anhalt. Zusammen mit den kirchlichen Mitteln steht damit die Finanzierung für ein Kunstwerk, das die derzeitige temporäre Verhüllung an der judenfeindlichen Chimäre an der St.-Stephani-Kirche ersetzen wird und ihr ein neues und dauerhaftes Gesicht geben soll.“

Die Verantwortlichen der Kirchgemeinde setzen sich seit 2019 für eine entschiedene Distanzierung von dem steinernen Zeugnis für christlichen Judenhass ein. Die Figur stammt in ihrer heutigen Gestalt aus dem 19. Jahrhundert und ist einer von 14 unechten Wasserspeiern an dem Kirchengebäude, die vielleicht mittelalterliche Vorgänger ersetzt haben könnten. Für Kontoverse sorgte die Forderung der Gemeinde, die in Sanierung befindliche Plastik nicht wieder an der Kirche anzubringen. Die Sanierungsarbeiten wurden zwischenzeitlich abgeschlossen und die Figur wieder angebracht, jedoch mit Netz und Stricken gefesselt und somit verhüllt. „Der Hass, den diese Figur zum Ausdruck birgt, soll gebunden werden“, so Liane Hilfert.

Bereits im Oktober 2023 startete der Gemeindekirchenrat einen Prozess zur Ausschreibung eines Auftragskunstwerkes. Vorangegangen waren Gespräche zwischen Denkmalschutz und Kirche, die einen Kompromiss im jahrelangen Tauziehen um den Umgang mit der judenfeindlichen Chimäre an der Kirche vermitteln sollten. Die gefundene Kompromissformel, wonach eine ´Barriere für die Wahrnehmung´ als ´gestaltende Intervention´ unter dem Gesamttitel ´Installation des Anstoßes´ entwickelt werden könne, wurde vom Hallenser Künstler Thomas Leu als Herausforderung angenommen. Entstanden ist ein Geflecht aus Zweigen, das unter dem Titel „Einfriedung“ den Blick auf die Schmähplastik beschränken wird. „Der Entwurf besteht aus Ölzweigen, die sich wie ein Korb um die Chimäre legen. Die Applikation aus Edelstahl greift das Anliegen des Gemeindekirchenrates auf, die Figur zu binden. Der Entwurf gibt dem Ganzen aber auch etwas Lebendiges. Die Idee entstand im gemeinsamen Gespräch mit Vertretern der jüdischen Gemeinde“, so Thomas Leu über den künstlerischen Prozess, der nun kurz vor der Verwirklichung steht.

Landesbischof Friedrich Kramer dankt der Kirchgemeinde für ihren langen Atem. „Manchmal brauchen Dinge Zeit, bis die richtige Lösung gefunden ist. Es ist gut, dass über die Kontextualisierung mit Informationstafeln hinaus, diese kluge Form der Verhüllung gefunden wurde. Somit wird die doppelte Verantwortung der Kirche, nämlich einerseits die anhaltende Verhöhnung von Jüdinnen und Juden zu brechen und auf der anderen Seite Verantwortung für die lange Geschichte der Feindschaft zu übernehmen, sensibel ausbalanciert. Gerade in diesen Tagen, wo der Judenhass neu aufflammt, ist es wichtig, hier ein klares Zeichen seitens der Kirche zu setzen: Antisemitismus muss widersprochen werden.“

Auch Dr. Christian Staffa, Beauftragter für den Kampf gegen Antisemitismus der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), begrüßt den Schritt als wegweisend und bisher einzigartig in Deutschland. „Seit vielen Jahren mache ich mich für die Verhüllung dieser obszönen und gotteslästerlichen Bildwerke stark. Das Beispiel in Calbe zeigt, wie solch ein Weg gelingen kann.“

Hintergrund:
Der Zweig des Ölbaums ist ein biblisches Symbol, das in der gemeinsamen Tradition von Juden und Christen als Symbol des Friedens gilt. Gleichzeitig erinnert er an das Ölbaumgleichnis im christlichen Teil der Bibel. Dort werden Christen mit einem Ölzweig verglichen, der lediglich aufgepfropft wurde. Das Gleichnis verbindet mit diesem Bild die Mahnung, sich nicht über die tragende Wurzel, also das Judentum, zu überheben – eine Warnung, die über viele Jahrhunderte im Christentum missachtet wurde.

Weitere Informationen unter: www.figurenkranz-calbe.de

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Evangelische Kirchengemeinde Calbe, 039291 49908 oder gemeindebuero.calbe@kk-egeln.de

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