27.04.2020
Amtsantritt in der Krise: Neuer sächsischer Landesbischof Tobias Bilz ins Amt eingeführt

Dresden/Meißen (epd). Seit Dienstbeginn Anfang März ist der neue sächsische Landebischof Tobias Bilz im Krisenmodus. Statt Antrittsbesuche zu absolvieren, manövriert er seine Landeskirche durch die Corona-Krise.

Wie andere in diesen Tagen verbringt auch er viel Zeit mit Telefonieren und Videokonferenzen. Eine seiner ersten Amtshandlungen als Bischof war die Predigt in einem Corona-Livestreamgottesdienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Am Samstag wurde Bilz im Meißner Dom in sein neues Amt eingeführt - anders als sonst bei solchen Anlässen in einer fast leeren Kirche.

Wegen der Kontaktbeschränkungen in der Corona-Krise durften nur 15 Personen an der Feier teilnehmen, darunter waren Mitglieder der Familie von Bilz und Vertreter der Ökumene. Die Einführung und die Übergabe des Bischofskreuzes erfolgte durch den Leitenden Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und Bischof der hannoverschen Landeskirche, Ralf Meister.

Im Moment brauche es vor allem Menschen, die den Mut nicht verlieren und Kraft geben, sagt Bilz zur Corona-Krise. Nach der Covid-19-Pandemie rechnet er mit einem Umdenken in der Gesellschaft. "Es werden Dinge in Bewegung kommen, die lange verfestigt waren", ist er überzeugt. Als Beispiel nannte er das soziale Miteinander sowie Fragen des Klimaschutzes und der Verantwortung.

Die Corona-bedingte Einschränkung der Religionsfreiheit nennt er "eine Mischung aus Schmerz und Einsicht". Die Krise sei ein tiefer Einschnitt auch im religiösen Leben. Einen Gottesdienst zu besuchen, das gehöre für Christen einfach dazu. Die aktuelle leichte Lockerung, Gottesdienste mit bis zu 15 Teilnehmenden feiern zu können, nahm er aber mit Zurückhaltung auf.

Er sei von der neuen Verordnung "überhaupt nicht enttäuscht", so sein Kommentar. Die Landeskirche sei sich der Verantwortung bewusst, die diese Öffnung mit sich bringt. "Ich möchte nicht, dass durch einen Gottesdienst Corona weitergetragen wird", sagt er.

Sorgen, dass die Corona-Krise der Kirche längerfristig schaden könnte, hat er nicht. Auch von sinkenden Gemeindemitgliederzahlen will sich Bilz nicht entmutigen lassen. Klar weiß er: "Man kann nicht mal eben Menschen zu Christen machen." Doch die Bedeutung einer Kirche messe sich "nicht an der Anzahl ihrer Mitglieder, sondern an ihrer Wirksamkeit".

Der 55-jährige Theologe war Ende Februar von der Landessynode zum neuen sächsischen Landesbischof gewählt worden. Er tritt die Nachfolge von Bischof Carsten Rentzing an, der sein Amt überraschend zur Verfügung gestellt hatte. Als Student hatte Rentzing Texte für die rechtskonservative Zeitung "Fragmente" verfasst, die der Öffentlichkeit bis dahin nicht bekannt gewesen waren. Das Dresdner Landeskirchenamt stufte diese Texte als "elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich" ein. Das Bischofsamt war nach Rentzings Rücktritt vier Monate vakant.

Bilz war als sächsischer Oberlandeskirchenrat gut ein Jahr lang für Seelsorge, Gemeindeaufbau und Medien sowie die kirchlichen Werke zuständig. Zuvor war der gebürtige Sachse, der gern wandert und liest, elf Jahre lang Landesjugendpfarrer.

Geboren wurde er 1964 in Dornreichenbach bei Wurzen. Nach der Schulzeit entschied sich der Pfarrerssohn für eine Ausbildung zum Instandhaltungsmechaniker in einer Werkzeugfabrik in Altenburg. 1983 nahm er ein Theologiestudium in Leipzig auf.

Dass sich Kirche zu gesellschaftspolitischen Dingen äußern muss, davon ist Bilz überzeugt. "Wir reden von einer individualisierten Gesellschaft, dann passt der lutherische Glaube, wo die Verantwortung des Einzelnen im Mittelpunkt steht, perfekt in unsere Zeit", betont der Landesbischof.

Bilz war bereits bei der Bischofswahl 2015 als Kandidat angetreten. Damals unterlag er Mitbewerber Rentzing nur knapp. Nach dem vorzeitigen und kontrovers diskutierten Bischofsrücktritt sei es nun entscheidend, dass die Menschen intensiv miteinander reden, sagt Bilz. Eine Einordnung in Gruppen oder "Lager", in konservativ oder liberal, will er überwinden. Dazu brauche es eine Aufarbeitungszeit. Allerdings dürfte dieses Vorhaben wegen der Corona-Krise erst einmal auf Eis liegen.

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