08.04.2019
Anmerkungen zu 2 & 3

Die Frage, wie attraktiv unsere Stellen überhaupt sind, wird uns in Zukunft noch viel stärker beschäftigen müssen. An einer Stelle sind wir ja weit vorangekommen: nämlich bei der allgemeinen Anerkennung, dass alle Dienste im Verkündigungsdienst gleichrangig sind und Mitarbeitende im pfarramtlichen, kirchenmusikalischen, gemeindepädagogischen oder gemeindediakonischen Bereich gemeinsam und arbeitsteilig an der Gesamtheit der Verkündigung ihren je eigenen Anteil haben. In dieser Folge hat sich ja eine Form der Zusammenarbeit etabliert: die Region. - So weit so gut. Diese begrüßenswerte Kulturveränderung hat freilich einen Nachteil - und Sie beschreiben ihn auch plastisch: Über die Zusammenarbeit und über das Regionalprinzip hat sich die parochiale Logik des Pfarramtes auf alle anderen Berufsgruppen gelegt; auch Kantoren sind jetzt Regionalkantoren und folgen der parochialen Logik, für alle kirchenmusikalischen Aktivitäten und Ambitionen ihrer "Parochie" verantwortlich zu sein. Das ist relativ neu und führt dazu, dass Sie sich in Erwartungshorizonten bewegen, Sie möchten doch überall, selbst in den kleinsten Dörfern, für ein reichhaltiges kirchenmusikalisches Leben sorgen. Ich stelle mir die Frage, ob die kirchenmusikalische Arbeit nicht in Parochien, sondern besser mit Zentren funktioniert: Dort, wo eine große Orgel ist, dort, wo Chöre gute Räumlichkeiten für Proben haben, dort, wo Kinder und Jugendliche unkompliziert zusammengerufen werden können ... Ich glaube, darüber müssen wir noch viel genauer nachdenken und möglicherweise die in den letzten Jahren geweckten Erwartungen der Gemeinden an einen überall wirkenden Kirchenmusiker wieder etwas einhegen. Das Zahlenverhältnis Pfarrer - Kirchenmusiker ist in der EKM faktisch 8:1 oder 7:1. Ob das sinnvoll ist, ist schöne Aufgabe der Kreissynoden, die über den Stellenplan zu befinden haben. Die Landeskirche macht ja nur eine Vorgabe: 30-40% aller Verkündigungsdienstmitarbeiter müssen etwas anderes sein als Pfarrerin oder Pfarrer, eine Schutzklausel des Finanzgesetzes für die Befürchtung, die Synoden würden andere Stellen schneller streichen als die Pfarrstellen. Ich träume z.B. von höchst unterschiedlichen Gottesdiensten, z.B.: Würde es nicht reichen, wenn ein Mitarbeiter im Verkündigungsdienst den Gottesdienst einer Gemeinde begleitet? Wenns der Pfarrer ist, dann wird die Bibel ausgelegt und diskutiert, dann wird getauft und Abendmahl gefeiert. Wenns der Kantor ist, dann überwiegt das gesungene und musizierte Gotteslob. Wenns der Gemeindepädagoge ist, dann interagiert man kreativ und generationsübergreifend miteinander. Wenns der Diakon ist, dann trifft man sich, um anschließend Einsame und Kranke zu besuchen. Alles ist Gottesdienst. Beten können alle, den Segen können alle spenden. Und die Gottesdienste sind vielfältig und einladend. Und dann und wann kommen die Mitarbeitenden im Verkündigungsdienst zusammen und feiern gemeinsam Gottesdienst - mit Wort, Musik, Interaktion und tätiger Nächstenliebe - was für ein Fest. Was den Berufseinstieg für Absolventen eines kirchenmusikalischen (und gemeindepädagogischen!) Studiums betrifft, sind wir ziemlich weit. Das kommt demnächst. Ja, die Situation unserer Kirche ist herausforderungsvoll, vielleicht haben wir künftig mit noch mehr Abbrüchen zu tun - es ginge darum, ein versöhnliches Verhältnis zu finden, dass wir nicht alles tun müssen, um Kirche zu sein, sondern uns freundlich und aufmerksam fragen, was wir denn gern unbedingt brauchen, um jetzt Kirche zu sein. Das ist dann vielleicht weniger, und es vollzieht sich nicht zu jeder Zeit und überall, aber immer mit Elan und Freude.


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