26.05.2025
Kindersicht
„Papa?“ Meine Tochter war noch klein, vier vielleicht. Sie sah mich ernst an. Es war ihr wichtig. „Ja?“, antwortete ich. „Du bist doch schon ganz schön alt, stimmt’s?“ Nun ja, wie man’s nimmt, dachte ich, aber sie sah mich so bedeutungsvoll an und ich sagte: „Ja.“ „Du bist doch schon bestimmt –“, sie zögerte und dachte nach. „Du bist doch bestimmt schon neun, oder?“
Damit hatte ich nicht gerechnet. Tatsächlich war ich damals schon Mitte Dreißig. Aber welchen Unterschied macht das für eine Vierjährige?
Ich habe vergessen, warum sie das wissen wollte. Aber ich erinnere mich noch an die Überraschung und an ihre aufrichtigen und klaren großen Augen. An die Rührung, die ich empfand. Sie hatte mir einen Blick in ihr Denken, in ihre Welt erlaubt. Sie hatte sich komplett verschätzt. Das wars war völlig egal, denn: sie hatte mich überwältigt und tief berührt.
Ich hatte in dem Moment das Gefühl, zu verstehen, was Jesus meinte, als er sagte: „Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Jener Jesus, den Gott als Kind auf die Welt sandte, um sie zu verändern, wie es kein König oder Feldherr gekonnt hätte.
Ich bin meiner Tochter und Gott dankbar. Ihr, dass sie mich daran erinnerte, was es heißt, Kind zu sein. Ihm, weil er ein Gott für die Kleinen und Schwachen ist. „Denn wer klein ist und vertraut wie ein Kind, der ist der Größte in Gottes Reich.“
Guten Morgen wünscht Jan Lemke, evangelisch aus Erfurt.